Zur Illustration unseres Kompetenzfeldes Erdsystemwissenschaften finden Sie im Folgenden zwei kurze Beschreibungen von Projekten, die zur Zeit auf dem HLRN-Supercomputer laufen. Die Liste aller zurzeit laufenden HLRN-Großprojekte enthält Links zu weiteren Projektbeschreibungen.
Ozeanströmungen beeinflussen maßgeblich das globale Klima. Durch die Umwälzung enormer Wassermengen bestimmen sie die Wärmeverteilung auf der Erde und sind für die Aufnahme und Speicherung von atmosphärischem Kohlenstoffdioxid verantwortlich. Ein genaues Verständnis der Ozeandynamik ist daher essentiell für die Klimaforschung.
Eine Schlüsselregion für die ozeanische Umwälzbewegung im Atlantik sind die Gewässer um Südafrika: Der Agulhasstrom transportiert warmes und salzreiches Wasser aus dem tropischen Indik südwärts entlang der südafrikanischen Küste. Teile davon gelangen in Form von Meereswirbeln in den Atlantik und können im weiteren Verlauf die Tiefenwasserbildung im Nordatlantik beeinflussen. Diese „Agulhas leakage“ ist ein nichtlinearer Prozess der von Jahr zu Jahr sowie zwischen den Jahrzehnten stark variiert und über die vergangenen Dekaden – wahrscheinlich als Folge der globalen Klimaerwärmung – zugenommen hat. Eine besondere Rolle spielen dabei die Westwinde der Südhemisphäre, die sich durch den Klimawandel und die Ausbildung des antarktischen Ozonlochs verändern.
Die Modellierung der regionalen Ozeandynamik und seiner globalen Bedeutung für das Klimasystem erfordert eine hohe Modellauflösung zur Simulation der kleinräumigen Prozesse bei zeitgleicher Berücksichtigung großräumiger Rückkopplungen im Ozean und in der Atmosphäre (Dynamik und Chemie). Dieses wird auf Basis des am GEOMAR entwickelten FOCI Modellsystems erreicht. Eine Besonderheit dabei ist das Nesting, bei dem in der Ozeankomponente NEMO feinere regionale Modellgitter mit Auflösungen zwischen 1/10° und 1/60° in gröbere globale Modellgitter eingebettet werden.
Die Bandbreite der wissenschaftlichen Themen reicht von Auswirkungen und Prozessen kleinräumiger Ozeandynamik bis zur globalen Klimavariabilität.
Abbildung 1: Momentaufnahme der Oberflächengeschwindigkeit (in m s−1), simuliert im 1/20° Nest (INALT20) (aus Schwarzkopf et al., 2019)
Abbildung 2: Momentaufnahme der normierten relativen Vorticity (Drehbewegungen in s-1) im 1/60° Nest (INALT60) um Südafrika
Abbildung 3: Momentaufnahme der Oberflächentemperatur und Wind im globalen Klimamodell FOCI mit 1/10° Nest (INALT10X)
Am Leibniz-Institut für Ostseeforschung in Warnenmünde (IOW) entwickeln und betreiben wir ein multiskaliges Modellsystem, um die Hydrodynamik von Randmeeren und Küstengewässern zu erforschen und zu verstehen. Der Kern des Modellsystem ist das numerischen Ozeanmodell „General Estuarine Transport Modell“ (GETM), das seit über 10 Jahren am IOW mitentwickelt wird. Basierend auf GETM haben wir eine Nestinghierarchie aufgebaut, die von Nordatlantik bis zum Wattenmeer und den Boddengewässern reicht. Somit ist es möglich, das Prozessverständnis auf verschiedenen Längenskalen (10 km bis 100m) und Zeitskalen (Dekaden bis Minuten) voranzutreiben. So konnten wir z.B. den Meeresspiegelanstieg in der Ostsee für den Zeitraum 1950-2018 untersuchen und in einzelne Beiträge, von z.B. Luftdruck, Wind, Temperatur zerlegen (Gräwe et al. 2019). Burchard et al. (2018) nutzte das Modellsystem, um eine klassische analytische Theorie für den Salzaustausch in der Ostsee zu validieren und weiter zu entwicklen. Auf Zeitskalen von 10 Jahren untersuchte Holtermann et al. (2014) mit GETM den Einfluß der Randmischung auf den Stofftransport in den tiefen Becken der Ostsee. Auf noch kürzeren Zeit- und Längenskalen wurde das Modellsystem erfolgreich eingesetzt, um den Wasseraustausch und die Restströmungen im gesamten Wattenmeer zu untersuchen und zu quantifizieren (Gräwe et al. 2016).